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Über den Sinn von DSL-Splittern

Veröffentlicht von Benjamin Marwell am

Vor einiger Zeit habe ich - ohne Probleme - bei Bekannten den DSL-Splitter ausgebaut. Grund waren gelegentliche Verbindungsabbrüche und Phantomklingeln von DECT-Telefonen an der Fritz!Box. Auch wenn das Phantomklingeln erst durch eine Neuanmeldung behoben wurde, wunderte ich mich über den Splitter am rein digitalen Anschluss, den htp verkauft. Als ich nun auf den Splitter-Artikel von Stefan Betz aufmerksam geworden bin, wollte ich einmal bei den Anbietern htp, easybell, Telekom und Vodafone nachfragen, ob dort das Entfernen aktiv empfohlen wird.

Die Unsinnigkeit von DSL-Splittern

Der DSL-Splitter teilt (engl.: to split) ein Signal der Telefonleitung. Genaugenommen werden die unteren Frequenzbereiche von den oberen getrennt. Die unteren Frequenzbereiche werden für die analoge Telefonie verwendet, die oberen für den DSL-Anschluss.

Früher wurden zu DSL-Anschlüssen analoge Telefonanschlüsse verkauft, da VoIP noch an Kinderkrankheiten litt und noch nicht kostengünstig verfügbar war. Das an der Telefondose eingehende Signal wurde also nicht mehr komplett der Telefonanlage weitergegeben, sondern nur noch der untere Frequenzbereich. Der neu hinzugekommene obere Frequenzbereich wurde nun dem DSL-Modem hinzugeführt. Ein anschauliches Diagramm dazu findet sich in dem Artikel T-Net und DSL von Erich Stingel.

Technischer Aufbau in den 2000ern

Später wurden die Telefonanlage und das DSL-Modem in einem Gerät zusammengefasst. Der typische Vertreter hiervon ist die Fritz!Box oder der Speedport, die analoge Telefonie und DSL-Modem vereinen. Das ist praktisch für den Kunden, da er nur noch ein Gerät betreiben muss und sich nicht mehr verkabelt.

Fritz!Box am Splitter mit analogem Anschluss
Fritz!Box am Splitter mit analogem Anschluss

Dieser Anschlusstyp ist heute aber veraltet. Da keine analogen Telefone mehr genutzt werden, kann die volle Frequenzbandbreite in das DSL-Modem geleitet werden. Die unteren Bereiche werden einfach nicht genutzt. Außerdem fällt ein Bauteil weg, was ggf. das Signal nur unnötig dämpft. Von der TAE (der Telekommunikations-Anschluss-Einheit, umgangssprachlich Telefondose) führt das Kabel also nun direkt in das DSL-Modem, meistens in Verbindung mit einem Router (etwa eine Fritz!Box).

Altlast Splitter: Annex B/J

Der Splitter als DSL-Weiche ist also nur ein Überbleibsel aus den DSL-Anfangstagen: Inzwischen kommt nur noch das DSL-Signal durch die Leitung. Allerdings gibt es innerhalb der DSL-Anschlüsse Unterschiede: Annex B und Annex J. Annex B entspricht dem "alten" Anschluss, der auch im Schaubild oben zu sehen ist. Da dort die alten Analog-Bereich nicht mehr genutzt werden und einfach wegfallen, kann der Splitter in der Leitung bleiben. Er trennt das ungenutzte Frequenzband unterhalb von 138 kHz ab. Da dort auch Störungen auftreten können, die sich in den DSL-Frequenzbereich (138 kHz bis 276 kHz) auswirken könnten, kann der Verbleib des Splitters an einigen Anschlüssen durchaus sinnvoll sein.

ADSL Annex Overview von Cvdr, Lizenziert unter CC-BY-SA 3.0.
ADSL Annex Overview von Cvdr, Lizenziert unter CC-BY-SA.

Besitzt man einen modernen Annex J-Anschluss, wird der bisherige Analog-Frequenzbereich (< 138 kHz) für den Upload mitgenutzt. Lässt man den Splitter bei diesem Anschlusstyp in der Leitung, begrenzt dieser den Upload erheblich. Das DSL-Modem kann diesen vorgesehenen Frequenzbereich nicht mitnutzen.

Übrigens: Annex J wird nur bei ADSL und ADSL2+ verwendet. VDSL nutzt immer Annex B, lässt also die unteren Frequenzbereiche unter den Tisch fallen.

Anfragen an die ISPs / Internetprovider

Folgende Fragestellung habe ich per E-Mail an die vier Provider Telekom, Vodafone, easybell, htp (Hannover), sowie AVM verschickt:

Sehr geehrte Damen und Herren, ich würde mich über eine Antwort auf folgende Fragestellung freuen und bitte Sie, ihre Antwort (gerne anonymisiert) auf meinem Blog zitieren zu dürfen. Vor einiger Zeit habe ich bei einem Bekannten einen DSL-Splitter entfernt. Dabei war mir aufgefallen, dass dieser einen rein digitalen Anschluss verwendet. Er war der Meinung, von seinem Internetanbieter keine Info darüber erhalten zu haben, dass der Splitter ausgebaut werden könne. Nun meine Frage(n) hierzu: 1.) Wenn Kunden auf einen VoIP-Anschluss umsteigen oder diesen als Neukunden buchen, weisen Sie darauf hin, dass der Splitter ausgebaut werden kann? 2.) Empfehlen Sie den Einsatz eines Splitters, oder den Nicht-Einsatz eines Splitters an einem solchen Anschluss? Schon im vorraus vielen Dank für Ihre Antwort!

Kabel Deutschland habe ich mangels DSL-Anschluss außen vor gelassen. Da bei Kabel Deutschland keine Verbindung über die Telefonleitung zustandekommt (der IP-Anschluss ist "over Cable"), gibt es hier von vornherein keine Einsatzmöglichkeiten für Splitter.

Im folgenden finden sich die Antworten bzw. Stellungnahmen der fünf genannten Unternehmen. In der Antwort würde mich besonders der Hinweis auf Annex J (Beschneidung des Uploads) freuen.

Stellungnahmen diverser Unternehmen zum Splitter am VoIP-Anschluss

Deutsche Telekom / T-Online

Antwortzeit: Nach 2 Tagen. Antwort (inhalt):

Sehr geehrter Herr Marwell,

es gibt verschiedene Technik-Varianten die einen Splitter am IP Anschluss erfordern oder auch nicht. Im allgemeinen erhalten unsere Kunden bei einem Wechsel auf einen IP Anschluss eine Anleitung zur Einrichtung des Anschlusses. Auch in der Auftragsbestätigung ist der Vermerk unter dem DSL Anteil aufgeführt, ob dieser Anschluss mit oder ohne Splitter erfolgt z.B. DSL 16000 RAM ohne Splitter (3).

Für weitere Fragen, Wünsche oder Anregungen sind wir jederzeit offen. Sie erreichen uns unter der Service-Rufnummer 0800 33 01000. Wir freuen uns auf Sie!

Mit freundlichen Grüßen

Kundenservice

Bewertung: Laut Telekom-Support gibt es IP-Anschlüsse, bei denen Splitter notwendig sind. Das steht aber im Gegensatz zu einem Eintrag im Service-Forum der Telekom, wo steht:

Seit dem 09. Oktober 2012 werden IP-basierte Anschlüsse nur noch ohne Splitter vermarktet. Auch Annex-B Schlüsse sind seitdem splitterlos nutzbar [..]

Da der Splitter wegfallen kann, wird vom Support ggf. unnötigerweise Elektroschrott produziert bzw. ausgetauscht. Leider weiß hier scheinbar die linke Hand nicht immer, was die Rechte macht.

Vodafone Deutschland

Antwortzeit: Keine Antwort innerhalb von zwei Wochen. Antwort (inhalt): n. V. Bewertung: Keine Antwort, leider dadurch ein eher negativer Eindruck.

easybell

Antwortzeit: nach 4 Tagen. Easybell ist derzeit ein sehr beliebter Anbieter am Markt und gewinnt auch in vielen Vergleichstests. Daher habe ich meine Anfrage auch an diesen Anbieter verschickt. Da Easybell ein recht junger Anbieter ist, erwarte ich eine Antwort, die ohne Splitter auskommt - warum sollte ein Anbieter einen Splitter liefern, wenn er nie einen Analog-Anschluss angeboten hat? Antwort (inhalt):
Sehr geehrter Herr Marwell , vielen Dank für Ihr Interesse an easybell. Wir empfehlen generell allen Kunden den Splitter zu entfernen. Ein Splitter ist nur notwendig, wenn noch ein analoger oder ISDN-Telefonanschluss geschaltet ist. Wir schalten ausschließlich IP-basierte Telefonanschlüsse. Ein Splitter stellt bei unseren Anschlüssen nur eine potentielle Fehlerquelle dar. Kunden erhalten z.B. folgende Anschlussanleitung: http://www.easybell.de/hilfe/loesung/so-schliessen-sie-ihren-router-an.html Hier steht explizit drin, dass kein Splitter erforderlich ist. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Stefan Hansmann easybell-Kundenbetreuung
Bewertung: Die Antwort kam wie erwartet. Der Splitter ist unnötig und stellt keine weiteren Vorteile bereit, bei Defekt ist es lediglich eine weitere Störquelle.

htp Hannover

HTP ist ein lokaler Anbieter in Hannover und daher vor Ort sehr beliebt. Für mich ein Grund, diesen anzuschreiben. Antwortzeit: Nach zwölf Tagen. Antwort (inhalt):
Sehr geehrter Herr Marwell, gern sende ich Ihnen die gewünschten Informationen. Wenn Kunden bei htp einen VoIP-Anschluss beauftragen, wissen wir teilweise nicht, welche Endgeräte angeschlossen sind. Zwar können Neukunden über uns auch eine AVM FRITZ! Box bestellen, viele nutzen aber bereits vorhandene Geräte weiter. Aus diesem Grund versenden wir den Splitter automatisch mit. Neukunden, die über NGN-Technik angeschlossen werden, erhalten keinen Splitter und werden in Kundeninformation darauf hingewiesen, dass der Splitter nicht mehr benötigt wird. Wenn Sie dazu weitere Fragen haben, melden sie sich bitte.   Mit freundlichen Grüßen xxxx xxxxxx Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Bewertung: Zunächst war die Antwortzeit sehr schlecht, hier hätte ich mir für eine solch einfache grundlegendeFrage (die hoffentlich einige Kunden stellen) eine etwas schnellere Reaktion von < 9 Tagen erhofft.

NGN steht hier für »Next Generation Network«. Gemeint ist wahrscheinlich speziell VDSL, bei dem ein Splitter nicht nur unnötig, sondern Kontraproduktiv ist. Das Verschicken eines Splitters, weil das Endgerät nicht bekannt ist, ist zumindest fraglich. Auch Fritz!Box-Alternativen haben nicht mehr oder weniger Anschlussmöglichkeiten als Fritz!Boxen, in Bezug auf Telefonie. Bei einem VoIP-Anschluss gibt es kein analoges Telefonsignal, was getrennt in ein DSL-Modem geführt werden könnte.

Aus meiner Sicht wird hier im ersten Fall (ADSL mit VoIP) Elektroschrott verschickt. Falls ich hier ein Szenario übersehen haben sollte, bitte ich um kurze Erläuterung in den Kommentaren.

AVM - Hersteller der Fritz!Boxen

Als Modem- und Router-Hersteller sollte AVM ein besonderes Know-How besitzen, was DSL-Anschlüsse und dergleichen betrifft. Antwortzeit: nach nur einem Tag. Antwort (inhalt):
Guten Tag Herr Marwell, vielen Dank für Ihre Anfrage an den AVM-Support. Sie können meine Antwort zitieren, aber bitte nur anonym. Ob ein Splitter benötigt wird, hängt davon ab, ob es sich um einen reinen DSL-Anschluss (ohne Splitter) oder um einen DSL-Anschluss mit Festnetz handelt. Grundsätzlich empfehlen wir nicht den Ausbau von Fremdgeräten (der Splitter gehört i.d.R. dem Anbieter und sollte auch nur von diesem bzw. von einem Fachmann entfernt werden). Wir gehen davon aus, dass der Anschluss vom Anbieter betriebsbereit ist, ob dazu der vorherige Splitter entfernt wird oder noch angebaut und nicht verwendet wird, spielt beim Anschluss der FRITZ!Box keine Rolle. Generell lautet unsere Anleitung zu beiden Varianten (also DSL- mit und ohne Festnetz) wie folgt: http://service.avm.de/support/de/SKB/FRITZ-Box-7390/14:FRITZ-Box-mit-DSL-Anschluss-verbinden Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass wir zukünftig darauf eingehen werden, wie der Splitter ausgebaut wird. Es bleibt hierbei doch um eine Hardware, die der Anbieter entweder zur Verfügung stellt oder eben entfernt. Freundliche Grüße aus Berlin xxxx xxxxx (AVM Support)

Bewertung: AVM verweist darauf, dass der Anbieter für den Ein- und Ausbau der Hardware zuständig ist. Das ist in sofern vernünftig und keine Arbeitschieberei, als dass nur der Anbieter problemlos feststellen kann, ob der Anschluss noch ein Analog-Telefon unterstützt oder nicht (IP-Anschluss). Viele DSL-Nutzer kennen sich schließlich mit der Technik nicht aus und wollen es auch nicht. Am Anschluss nichts zu verändern ist daher die »sichere« Methode, die sich durchaus nachvollziehen lässt.

Fazit

Den Mythos von Stefan Betz konnte ich teilweise nachvollziehen. Die meisten Anbieter empfehlen zwar nicht aktiv den Ausbau von Splittern, aber spätestens bei der Hotline waren die meisten Anbieter kompetent genug, den Splitter als nicht notwendig zu erkennen.

Nichtsdestotrotz gibt es seitens der Anbieter keine aktive Kampange, die Splitter dem Elektroschrott zuzuführen. Wofür auch - meistens ergibt sich durch den Ausbau nur ein geringer Vorteil für die Anbieter. Eine leichte Dämpfung auf Kundenseite tangiert den Anbieter nur peripher. Im Zweifelsfall hat der Kunde Synchronisierungsprobleme oder stark eingeschränkten Upload (Annex J).

Wer seinerseits noch einen Splitter an seinem VoIP-Anschluss in Betrieb hat, kann diesen also getrost entsorgen. Bei Annex B ist er unnötig, bei Annex J (also VDSL und einigen anderen DSL-Varianten) ist er sogar schädlich.